Fressplatzgestaltung und Fütterungsmanagement

Die Fütterung von Milchkühen ist ein entscheidender Faktor für die Tiergesundheit und auch für die Klauengesundheit. In diesem Modul wird vermittelt, wie Fressplätze gestaltet sein sollen, der Futtertisch gemanagt werden soll und die Fütterung überprüft werden kann. Mit diesen Informationen sollen bestehende Risiken, die vom Funktionsbereich Fressen ausgehen, auf dem eigenen Betrieb erkannt werden können.

Auf der Weide können Kühe jederzeit und verhaltenstypisch gemeinsam Futter aufnehmen. Damit die Kühe dieses synchrone Verhalten auch im Stall ausführen können, ist es wichtig, dass alle Tiere gleichzeitig Zugang zum Futter haben können. Ein Fressplatzverhältnis kleiner als 1:1 führt zu verlängerten Stehzeiten am Futtertisch und somit zu einer erhöhten Belastung der Klauen. Eine hohe Belastung der Klauen durch zu lange Stehzeiten kann zum vermehrten Auftreten von Sohlengeschwüren, Rusterholz’schen Sohlengeschwüren und Klauenrehe führen. Zudem werden bereits lahme Kühe benachteiligt, da sie selbst bei den durch Lahmheit nachweislich selteneren Versuchen, einen Fressplatz aufzusuchen, behindert werden.

Checkliste:

  • Ist der Stall überbelegt – hat jede Kuh einen Fressplatz (und Liegeplatz)?
  • Hat jede Kuh einen ausreichend breiten Fressplatz (mindestens 75 cm, bei horntragenden Kühen min. 85 cm) zur Verfügung?
  • Werden Fressplätze durch schräg stehende Kühe (Simulation des Weideschritts) blockiert (z.B. kurzer erhöhter Antritt nur für die Vordergliedmaßen)?
  • Stimmt das Fütterungsmanagement (Menge und Qualität des Futters) im Betrieb?
  • Wird das Futter regelmäßig angeschoben?
  • Liegt immer ausreichend Futter vor?
  • Können die Kühe ungehindert von der Stalleinrichtung (z.B. blanke Stellen am Nackenrohr) Futter aufnehmen?
  • Ermöglicht die bauliche Ausführung des Futtertisches (Trogbodenhöhe, Winkeleinstellung des Fressgitters) eine gute Futteraufnahme?
  • Ist die Höhe des Nackenrohrs an die Körpergröße der Herde angepasst?
  • Kann der Futtertisch durch eine hygienische Oberfläche gut von Futterresten und Verunreinigung gesäubert werden?

Die Höhe der Futteraufnahme ist entscheidend für Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kühe. Jedes Tier muss rund um die Uhr eine bedarfs- und wiederkäuergerechte Ration auf dem Futtertisch vorfinden und fressen können. Neben den baulichen Gegebenheiten entscheiden die Häufigkeit der Futtervorlage und das regelmäßige Anschieben über die Futterverfügbarkeit. Das Futter sollte an jedem Fressplatz in der gleichen Menge und in der gleichen Qualität vorliegen. Durch regelmäßiges Anschieben des Futters können Leerzeiten am Futtertisch vermieden werden. Ein unzureichendes Fütterungsmanagement führt zu einer reduzierten Futteraufnahme und zur Beeinträchtigung der Tiergesundheit.

Kühe sind als Wiederkäuer auf die freie Aufnahme von ausreichend strukturwirksamen und faserreichen Futter angewiesen. Nur so kann eine funktionsfähige Pansentätigkeit und die Wiederkauaktivität der Kuh aufrechterhalten werden. Störungen der Pansenstabilität, vor allem Schwankungen des Pansen-pH-Werts, können Störungen des Klauenhornwachstums verursachen. Dies führt zu Hornbildungsschäden, die Klauen werden im Zusammenhang mit dem sogenannten „Rehe-Komplex“ anfälliger für Traumata oder Penetrationen durch Fremdkörper. Die dadurch entstehenden Läsionen können Lahmheit verursachen. Die Herausforderung in der Milchviehfütterung besteht darin, das optimale Verhältnis zwischen strukturwirksamen Futterpartikeln und energiereichen Konzentraten in der Futterration zusammen zu stellen, ohne dass die Kühe die Möglichkeit haben, einzelne Futterkomponenten aus der Ration auszusortieren. Zudem kann die Kotkonsistenz auch einen Einfluss auf die Verschmutzung der Stalloberflächen und der Füße führen, was wiederum einen negativen Einfluss auf die Klauengesundheit haben kann – insbesondere im Zusammenhang mit infektiösen Klauenkrankheiten.

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Futter am Futtertisch

Die Fütterung hat hinsichtlich der Qualität der gewählten Futtermittel, aber auch hinsichtlich der Ration einen großen Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kühe. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine errechnete Ration aber nicht immer das ist, was bei der einzelnen Kuh ankommt. Deshalb ist es neben einer fachgerechten, auf den jeweiligen Betrieb und auf die entsprechende Tiergruppe zugeschnittenen Futterberatung hinsichtlich der Rationen auch notwendig, sich möglicher Schwachstellen, die der korrekten Rationsberechnung dennoch nachfolgen können, bewusst zu werden.
Insbesondere die Klauengesundheit kann durch eine gleichmäßige, tiergerechte Fütterung maßgeblich erhalten werden. Nicht immer ist für alle Tiere einer Gruppe die gerechnete Ration auch die vorgelegte Ration, gefressene Ration und verdaute Ration. Erste wertvolle Hinweise geben die Vorlagehäufigkeit und die Häufigkeit des Anschiebens. Die gleichmäßige Verteilung des Futters an allen Fressplätzen ist ebenfalls zu berücksichtigen.

Die sogenannte Schüttelbox liefert wertvolle Hinweise:

  1. nach der frischen Vorlage:
    Gleichmäßigkeit der Futtermischung
  2. nach einigen Stunden der Futteraufnahme
    Sortierverhalten

Schüttelbox

Die Beurteilung der Teilchengrößen (physikalische Struktur) und des Futteraufnahmeverhaltens kann mit einer Schüttelbox vorgenommen werden. Durch ihren Einsatz können Fütterungsfehler direkt auf dem Futtertisch erkannt werden. Vor allem in Betrieben, die eine TMR vorlegen, kann das Ausschütteln wertvolle Information über die Mischgenauigkeit und der Strukturlänge der Futterration geben.

Prinzip der Schüttelbox
Die Schüttelbox ist ein dreiteiliges Siebkastensystem mit übereinander liegenden Sieben. Die Futterprobe (ca. 300g) wird durch unterschiedlichen Sieblochgröße (19 mm und 8 mm) nach einer vorgeschriebenen Schüttelprozedur (insgesamt 40-mal bewegt, 2×5 in jede Richtung, s. Abbildung)) in drei Fraktionen aufgeteilt. Danach werden die einzelnen Fraktionen gewogen. Nach Auswertung der Rückstände in jedem Siebkasten lässt sich eine genaue Partikelgrößenverteilung von Grobfutter und TMR bestimmen. Die optimale Verteilung der Futterpartikellängen für Silagen und TMR-Rationen sind in der Übersicht 1 aufgeführt.
Die Schüttelbox sollte zur Ermittlung der Mischverhältnisse von frisch vorgelegtem Futter eingesetzt werden. Damit aussagefähige Rückschlüsse auf das Mischverhältnis getroffen werden können, sollten mehrere Proben entlang des Futtertisches, direkt nach der Futtervorlage gezogen werden. Auf diese Weise lassen sich folgende Kriterien bestimmen:

  • Mischgenauigkeit
  • Fehler in der Reihenfolge der Befüllung des Mischwagens
  • Austragegenauigkeit des Mischwagens
  • Strukturwirksamkeit der Mischration
  • Vollständigkeit der Komponenten der Mischration
Abb: Schematische Darstelluung der Schüttelprozedur (Bonsels, T., 2016)
FutterObersieb (> 19 mm)Mittelsieb (19 – 8 mm)Kasten (< 8 mm)
Grassilage10 – 20 %30 – 40 %40 – 50 %
Maissilage2 – 4 %40 – 50 %40 – 50 %
TMR≥ 6 – 10 %30 – 50 %40 – 60 %
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Überprüfen, ob die Kühe das Futter sortieren:

Wenn Kühe die Möglichkeit haben, selektieren sie ihr Futter sehr stark. Dieses Problem tritt immer dann häufig auf, wenn z. B. die Grassilage oder das Heu nicht genügend geschnitten wurde oder die Mischqualität unbefriedigend ist. Um dies zu überprüfen, sollten sowohl das frisch vorgelegte Futter sowie die Futterreste ausgeschüttelt werden. Wenn sich in den „Futterresten“ deutlich mehr Rationsanteile im oberen Sieb liegen bleiben, als bei der frisch vorgelegten Ration, so ist dies ein sicheres Zeichen dafür, dass die Kühe das Futter selektiert haben.

Analyse des Milchharnstoffgehalts

Zur Beurteilung der Proteinversorgung der Milchkühe wird die Beurteilung des Milchharnstoffgehalts empfohlen. Gehen die Werte zwischen einzelnen Kühen sehr weit auseinander, kann dies darauf hindeuten, dass am Futtertisch selektiert wird. Für eine ausgewogene Futterrohproteinversorgung wird auf Herdenebene ein Milchharnstoffgehalt im Bereich von 150 mg/L bis 250 mg/L angegeben. Werte < 150 mg/Liter zeigen an, dass der Futterrohproteinbedarf nicht gedeckt ist. Vor allem in der Frühlaktation ist eine insgesamt geringe Futteraufnahme sehr wahrscheinlich dafür verantwortlich. Ein Proteinüberschuss in der Ration kostet Energie und belastet die Leber durch das beim Proteinabbau entstehende Ammoniak. Für die Gruppen- und Herdenbetrachtung in der Fütterungskontrolle kann die übliche Bestimmungsweise für Milchharnstoff in der Standardmilchkontrolle genutzt werden. Haben Kühe bei gleicher Fütterung einen Milchharnstoffgehalt, der deutlich unter dem Herdenmittel liegt, deutet dies auf eine geringe Futteraufnahme hin. In diesem Fall sollten die Haltungsbedingungen wie z. B. das Tier-Fressplatz-Verhältnis überprüft werden.

Checkliste

  • Lasse ich meine Einzelfuttermittel regelmäßig analysieren?
  • Wird regelmäßig eine Rationsberechnung für die Rationen meiner Kühe durchgeführt?
  • Haben alle meine Kühe durchgehend Zugang zur Ration? (Tier-Fressplatzverhältnis und Futtervorlagezeiten)
  • Können die Tiere das Futter selektieren?
  • Füttere ich meinen Kühen eine zu hohe Menge an Kraftfutter? (AMS, Kraftfutterstation)?
  • Ist die Zusammensetzung der Ration, die ich meinen Kühen füttere, wiederkäuergerecht? (zu wenig Trockenmasse, zu wenig Faser, zu viel Stärke, zu viel Protein)
  • Fressen meine Kühe entlang des Futtertisches überall gleichmäßig oder beeinflusst z.B. das Stallklima die Futteraufnahme (z.B. am Tor bessere Luft/vermehrte Futteraufnahme)
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Literaturnachweis:
Bonsels, T. (2017): Praxistipps zum Einsatz der Futterschüttelbox. Fachinformation Tierhaltung. 5. August 2016, https://llh.hessen.de/tier/rinder/fuetterung-rinder/praxistipps-zum-einsatz-der-futterschuettelbox/.
DLG-Merkblatt 451: Milchkontrolldaten zur Fütterungs- und Gesundheitskontrolle bei Milchkühen — Die neue Dummerstorfer Fütterungsbewertung. Frankfurt am Main. Herausgegeben durch DLG Verlags-GmbH.
topAgrar (2001): Fütterungsfehler mit der Schüttelbox erkennen. top agrar, 10/2001. Seite R 20 — R24.
LfL- Information: Gruber Tabelle zur Fütterung der Milchkühe, Zuchtrinder, Schafe, Ziegen. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Vöttinger Straße 38, 85354 Freising-Weihenstephan. 47. veränderte Auflage September 2021.
Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ref. 204 (2007): Tierschutzleitlinie für die Milchkuhhaltung, Niedersächsisches Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, Tierschutzdienst, Oldenburg. https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/tierschutz/tierhaltung/niedersaechsische-tierschutzleitlinien-zur-milchkuhhaltung-73337.html.
Spiekers, H., Nußbaum, H., Potthast, V. (2009): Erfolgreiche Milchviehfütterung. 5. Erweiterte und aktualisierte Auflage. Frankfurt am Main. Herausgegeben durch DLG-Verlags-GmbH.
von Keyserlingk M. A., Barrientos A., Ito K., Galo E., Weary D-M. (2012):Benchmarking cow comfort on North American freestall dairies: lameness, leg injuries, lying time, facility design, and management for high-producing Holstein dairy cows. J Dairy Sci. 2012 Dec;95(12):7399-408. doi: 10.3168/jds.2012-5807. Epub 2012 Oct 11. PMID: 23063152.
Cook N. B. (2020): Symposium review: The impact of management and facilities on cow culling rates. J Dairy Sci. 2020 Apr;103(4):3846-3855. doi: 10.3168/jds.2019-17140. Epub 2019 Dec 16. PMID: 31837782.
Espejo L. A., Endres M. I. (2007): Herd-level risk factors for lameness in high-producing holstein cows housed in freestall barns. J Dairy Sci. 2007 Jan;90(1):306-14. doi: 10.3168/jds.S0022-0302(07)72631-0. PMID: 17183098.
Chapinal N., Barrientos A. K., von Keyserlingk M. A., Galo E., Weary D. M. (2012): Herd-level risk factors for lameness in freestall farms in the northeastern United States and California. J Dairy Sci. 2013 Jan;96(1):318-28. doi: 10.3168/jds.2012-5940. Epub 2012 Nov 8. PMID: 23141819.