Liegeboxen

Warum spielt die Gestaltung der Liegeboxen eine große Rolle für die Klauengesundheit? Und wie sollten Liegeboxen gestaltet und gemanagt werden? In diesem Modul wird genauer auf den Funktionsbereich Liegen eingegangen. Das Modul soll helfen, Risiken, die von diesem Funktionsbereich ausgehen können, zu erkennen.

Ein tiergerecht gestalteter Funktionsbereich „Liegen“ hat großen Einfluss auf die Wiederkauaktivität, die Milchbildung und die Klauengesundheit. Im Liegen werden die Klauen entlastet, besser durchblutet und sie haben die Möglichkeit abzutrocknen. Dies lässt die Gefahr der Entstehung von Klauenerkrankungen sinken. Kühe liegen gerne 12 bis 14 Stunden am Tag in Intervallen von 60 – 90 Minuten. Auf der Weide haben Kühe die Möglichkeit der freien Platzwahl und können sich ungehindert in losen Gruppen bevorzugt auf einem leichten Gefälle ablegen. Ziel ist es deshalb, auch im Stall allen Tieren einer Herde gleichzeitig tiergerecht gestaltete Liegeboxen anzubieten.

Ansprüche an die Liegebox

Die Liegeboxen müssen so gestaltet sein, dass die Kühe sich ohne Behinderung Ablegen und Aufstehen können. Nur Liegeboxen mit einer bequemen Liegefläche und ausreichender Dimensionierung werden gerne angenommen. Auch sollen die Steuerelemente der Liegebox die Kühe nicht behindern. Kühe sollten vollständig auf der Liegefläche liegen können und die Möglichkeit haben, unterschiedliche Liegepositionen einzunehmen.

Brustlage

Gestrecktes Vorderbein

Gestrecktes Hinterbein

Totale Seitenlage

Schlafposition

Aufbau der Liegebox

Die Art und Beschaffenheit der Steuerelemente sowie der Liegefläche beeinflusst direkt das Abliege- und Aufstehverhalten der Kühe und den Komfort während des Liegens. Damit eine Kuh bequem liegen kann und die Box trotzdem sauber bleibt, müssen die Maße der Liegefläche und die Boxenelemente optimal auf die Körpergröße und das -gewicht der Herde angepasst sein. Eine Liegebox muss so lang sein, dass sich die Kuh bequem zwischen dem Bugbrett und der Kotkante ablegen sowie ausreichend breit sein, damit die Kuh die verschiedenen Liegepositionen einnehmen kann.

Liegenboxenlänge
Die Liegeboxenlänge setzt sich zusammen aus der Liegefläche und dem Kopfraum.

Liegefläche
Für eine hohe Akzeptanz der Liegefläche sollten diese unabhängig vom Liegeboxensystem eben, weich, trocken und verformbar sein. Die Oberfläche sollte trittsicher und mit einem leichten Gefälle (2 – 4% Neigung) gestaltet sein. Damit Liegefläche wärmedämmend und feuchtigkeitsbindend sind, müssen vor allem Tiefboxen ausreichend mit gutem saugfähigen Einstreumaterial gefüllt sein. Die Liegeflächenlänge ist entscheidend für die Liegeboxenverschmutzung. Die Länge der Liegefläche bzw. die Eintrittstiefe der Kühe kann durch das Nackenrohr gesteuert werden und sollte so eingestellt werden, dass die Kühe im Stehen nicht auf die Liegefläche koten. Eine starke Verschmutzung der Boxen hat wesentlichen Einfluss auf die Sauberkeit der Tiere.

Kopfraum
Damit die Kühe ungestört aufstehen können, muss ausreichend Platz für den Kopfschwung zur Verfügung stehen. Für ein ungehindertes Schwungholen ist es wichtig, dass der Kopfraum nicht durch Rohre, Stützen oder durch andere Stallelemente verbaut ist. Für ein ungestörtes Aufstehen sollte für den vertikalen Schwung des Kopfes nach oben 100 cm und für den horizontalen Schwungraum nach vorne ebenfalls 100 cm freier Raum eingeplant werden.

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Steuerelemente

Neben der Liegboxenlänge und -breite sind die Steuerelemente entscheidend für die Funktion der Liegebox. Die Steuerelemente Nackenrohr, Bugschwelle, Boxenbügel und die Kotkante sollen die Tiere beim Stehen und Liegen in den Liegeboxen „lenken“. Sie sollen indirekt die Verschmutzung der Boxen vermeiden sowie ein schiefes Abliegen der Kühe verhindern. Die Steuerelemente dürfen die Kühe nicht verletzen oder das normale Abliege- und Aufstehverhalten behindern.

Boxenbügel
Die Hauptaufgabe der Boxenbügel ist, die Liegefläche als Ruhezone der Kühe seitlich zu sichern. Gleichzeitig sollen die Bügel dafür sorgen, dass sich die Kühe nicht schräg auf der Liegefläche ablegen können, um die Verschmutzung der Liegefläche zu vermeiden.
Freitragende Bügel oder Bügel ohne Stützen im Liegebereich sind heute Standard. Sie ermöglichen den Kühen das Ausstrecken eines Hinterbeins. Der Freiraum unter dem unteren Boxenbügel muss so gewählt werden, dass eine Behinderung oder sogar eine Verletzung, beim Aufstehen der Tiere nicht möglich sind. Die Bügel sollten 25 cm vor der Boxenkante enden. Auf diese Weise wird zusätzlich die nutzbare Laufgangbreite verbreitert.

Nackenrohr
Das Nackenrohr steuert die Stehposition der Kuh. Betritt die Kuh die Box, verhindert das Nackenrohr, dass die Kuh zu weit nach vorn in die Box tritt. Ziel ist es, das Nackenrohr so zu positionieren, dass die Kühe mit allen vier Beinen bequem in der Box stehen können, jedoch abgesetzter Kot nicht auf die Liegefläche gelangt. Die Position des Nackenrohres sollte sich horizontal gemessen zur Kotkante an der Rumpflänge (Schwanzansatz – Widerrist + 5 cm) der Tiere orientiert.

Bugschwelle
Die Bugschwelle ist eine quer zur Liegerichtung montierte „Schwelle“ im Kopfbereich der Liegebox. Hauptaufgabe der Bugschwelle ist die Begrenzung der Liegefläche nach vorne, damit die Kühe nicht zu weit in der Box zum Liegen kommen.  Damit die Kühe die Liegeposition des gestreckten Vorderbeins einnehmen können und beim Aufstehen einen Schritt nach vorne machen können, ist es von großer Bedeutung, dass die Bugschwelle mindestens 20 cm vor dem Nackenrohr positioniert wird und die Höhe der Bugschwelle über dem Niveau der Boxenoberfläche nicht mehr als 13 cm (optimal 8 cm) beträgt. Um eine korrekte Steuerung ohne negative Auswirkungen auf das Tierkomfort sicherzustellen, sollten Bugschwellen nicht senkrecht aufgestellt werden, keine Kanten haben, und nicht aus splitterndem Material bestehen.

Kotkante
Die Kotkante trennt die Liegebox vom Laufgang und schützt die Liegefläche und die Kühe vor Verschmutzungen. Die Kotkante sollte ca. 20 cm hoch sein. Höhere Kotkanten erschweren vor allem klauenerkrankten Kühen den Ein- und Ausstieg in die Liegebox.

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Was sollte bei der Gestaltung der idealen Liegebox beachtet werden?

  • freier und unverbauter Kopfraum
  • weiche, verformbare und ausreichend lange Liegefläche ohne Mulden mit einem leichten Gefälle zu den Hinterbeinen
  • gut eingestellte Boxenbreite
  • freitragende Boxenbügel (60 bzw. 40 cm Bodenfreiheit)
  • gut eingestelltes Nackenrohr
  • gut positionierte Bugbegrenzung möglichst aus flexiblem Material
  • optimale Höhe der Kotkante

Wie wird eine Liegebox ausgemessen?

Um den für die Kuh verfügbaren Platz zu errechnen, dürfen bei der Messung der Einbauten nur die Innenmaße (das lichte Maß) sowie bei der senkrechten Messung das Lotmaß ermittelt werden. Als Beispiel muss bei der Ausmessung der Boxenlänge einer Tiefbox an der Kotkante von der Kanteninnenseite (s. Abbildung 1) ausgehend gemessen werden.

Abbildung 1: Messpunkte für Liegeboxen (A: Boxenbreite, B: Boxenlänge (Liegefläche + Kopfraum), C1:  Liegeflächenlänge bei Tiefboxen, C2: Liegeflächenlänge bei Hochboxen; Quelle: Sven Löffler
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Wie wird die Körpergröße der Herde ermittelt?

Um festzustellen, ob die Liegeboxenmaße den meisten Kühen der Herde einen bequemen Liegeplatz bieten, sollte bei allen oder zumindest bei einem repräsentativen Anteil der Herde, die Widerristhöhe (WH) und die schräge Rumpflänge (sRL) gemessen werden.

Messpunkte für die Kopf-Halslänge, der Wiederristhöhe und der schrägen RumpflängeAbbildung: Messpunkte für die Kopf-Halsläge, der Wiederristhöhe und der schrägen Rumpflänge (Zeichnung: Thiemeyer, modifiziert von Sven Löffler)

Mit diesen Werten lassen sich die für die Herde optimalen Boxenabmessungen errechnen. (Da in der Holsteinzucht grundsätzlich die Kreuzhöhe gemessen wird, ist die Umrechnungsformel (nach Kraft) Widerristhöhe = 28,63 + 0,77 x Kreuzbeinhöhe(cm) hilfreich, damit nicht die gesamte Herde neu vermessen werden muss.)

Tabelle: Formeln zur Berechnung von Liegeboxenmaßen

MaßNach Wandel (2006)Aus „Rinderstallbau“, Bartussek u. a. (2002)
Liegeboxenbreite (cm)1) WH2) x 0,85WH x 0,86
Liegelänge (cm)(sRL3) x 1,11) + 20(sRL x 0,92) + 21
Liegeboxenlänge (cm)(wandständig)(sRL x 1,11) + 20 + 75 (+ 10)(sRL x 0,92) + 21 + (WH x 0,56)
1) Achsmaß; 2) WH= Wiederristhöhe; 3) sRL – schräge Rumpflänge

Für die Ermittlung der Maße der idealen Liegebox für die Herde sollten die Durchschnittswerte der 25% größten Kühe der Herde errechnet werden. Eine einheitliche Zuchtlinie hinsichtlich des Rahmens der Kühe innerhalb eines Betriebes hilft, um optimal gestaltete Liegeboxen für möglichst alle Tiere einer Herde anbieten zu können.

Eine weitere Möglichkeit, bietet die Ermittlung der Liegeboxenmaße nach dem Körpergewicht.

Abbildungen: Systemskizzen von Tiefboxen mit Nackenrohr bzw. Nackenbügel (Quelle: Innovationsteam Milch Hessen, Oktober 2016, nach „The Dairy Land Initiative“, School of Veterinary Medicine, Madison, modifiziert von Sven Löffler)

Tabelle: Empfehlung der Liegeboxenmaße abhängig vom Körpergewicht, Quelle: Innovationsteam Milch Hessen, Oktober 2016, nach „The Dairy Land Initiative“, School of Veterinary Medicine, Madison

Liegenboxenmaße (cm)Körpergewicht 816 kg Körpergewicht 907 kg
Boxenbreite, A137145
Boxenlänge (Wandbox), B1305320
Boxenlänge (Doppelboxen), B2518549
Hintere Boxenkante bis Bugschwelle, C178191
Breite Boxenkante, D15 – 2015 – 20
Nackenrohr bis Boxenkante, E183191
Nackenrohr bis Boxenkante (Tiefboxen), E*168175
Hintere Kante Boxenbügel bis Boxenkante, F2323
Höhe Bugschwelle über Einstreu (Tief- oder Hochbox), G1010
Höhe unteres Rohr vom Boxenbügel über Einstreu, H3336
Innere Öffnung Boxenbügel, I9191
Höhe Nackenrohr über Einstreu (Tief- oder Hochbox), J132137
Horizontale Entfernung Bugschwelle zu Boxenbügelbogen, K51 – 5651 – 56
Höhe Boxenkante, L2020

Ganglieger, was ging schief?

Das Auftreten von Spalten-/Ganglieger kann mehrere Ursachen haben. Spalten-/Ganglieger zeigen zum Beispiel eine Überbelegung des Stalles an, sodass nicht für jede Kuh eine bequeme Liegebox zur Verfügung steht. Ebenfalls können Spalten-/Ganglieger anzeigen, dass die Liegeboxenelemente nicht passend eingestellt sind oder die Qualität der Liegefläche unzureichend ist. Des Weiteren kann ein hohes Stresslevel bei rangniedrigen Tieren die Ursache für diesen Verhalten sein. Ein häufiger Grund für Spalten-/Ganglieger ist auch die fehlende Eingewöhnung der Jungtiere an das Liegeboxen-Laufstall-System, wenn das Jungvieh zum Beispiel ohne Liegeboxen aufgezogen wurde.

Ursachen für lange Stehzeiten in der Liegebox

Das Auftreten von Spalten-/Ganglieger kann mehrere Ursachen haben. Spalten-/Ganglieger zeigen zum Beispiel eine Überbelegung des Stalles an, sodass nicht für jede Kuh eine bequeme Liegebox zur Verfügung steht. Ebenfalls können Spalten-/Ganglieger anzeigen, dass die Liegeboxenelemente nicht passend eingestellt sind oder die Qualität der Liegefläche unzureichend ist. Des Weiteren kann ein hohes Stresslevel bei rangniedrigen Tieren die Ursache für diesen Verhalten sein. Ein häufiger Grund für Spalten-/Ganglieger ist auch die fehlende Eingewöhnung der Jungtiere an das Liegeboxen-Laufstall-System, wenn das Jungvieh zum Beispiel ohne Liegeboxen aufgezogen wurde.

Ursachen für lange Stehzeiten in der Liegebox

Wenn Kühe lange mit 2 oder 4 Beinen in der Liegebox stehen, kann dies auf nicht ausreichenden Liegeboxenkomfort hindeuten. Ursachen hierfür können nicht passende Boxenelemente, feuchte, verdreckte oder unebene Liegeflächen sein. Auch ein zu warmes Stallklima kann dazu führen, dass Kühe verlängert in den Liegeboxen stehen.

Ziel sollte es sein, dass:

  • 3 Stunden nach der Futtervorlage 2/3 der Kühe liegen.
  • Weniger als 10 % der Liegeboxen verdreckt sind.
  • Das Nackenrohr die Kühe beim Abliege- und Aufstehverhalten nicht behindert.
  • Die Kühe sich nach dem Betreten der Liegebox innerhalb von 30 Sekunden ablegen.
  • Die Kühe sich bei der Benutzung der Liegeboxen nicht verschmutzen.
  • Die Kühe keine Verletzungen durch die Stalleinrichtung (Technopathien) aufweisen.

Wie kann überprüft werden, ob die Liegeboxen für die Kühe attraktiv sind?

Die Beobachtung der Kühe beim Abliege- und Aufstehvorgang sowie beim Liegeverhalten können Hinweise auf Schwachstellen in der Liegeboxengestaltung geben. Kühe, die sich verzögert ablegen oder nach dem Betreten der Box länger als 60 Sekunden (optimal: 30 Sekunden) stehen, zeigen Schwachstellen in der Gestaltung und Qualität der Liegeboxen- und Liegeflächen auf. Die Liegefläche sollte sauber, eben, weich, verformbar und mit einem leichten Gefälle nach hinten gestaltet sein. Stehen viele Kühe nur mit den Vorderbeinen in der Liegebox, sollte die Positionierung des Nackenrohrs überprüft werden. Die Kühe sollten vollständig auf der Liegefläche liegen. Liegen Kühe unvollständig oder schräg in der Liegebox, deutet dies auf falsch dimensionierte oder auf falsch eingestellte Liegeboxenelemente hin. Blanke Stellen an der Stalleinrichtung sowie Veränderungen an den Gelenken oder Hautverletzungen (Technopathien) sind eindeutige Anzeichen für eine negative Einwirkung der Stalleinrichtung auf die Kühe.

Neben der Beobachtung der Tiere und Begutachtung der Stalleinrichtung kann der Liegeboxenkomfortindex berechnet werden.

(Zielwert: > 85%, geändert nach N. Cook, 1996)
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Literaturnachweis:
Bartussek, H. et al. (2002): Rinderstallbau, Leopold Stocker Verlag Graz – Stuttgart.
DLG-Merkblatt 379: Planungshinweise zur Liegeboxengestaltung für Milchkühe. Frankfurt am Main. Herausgegeben durch DLG-Verlags-GmbH.
Eilers, U. (2008): Der Streit um die Perfekten Boxenmaße in top agrar, 2/2008, R 34 – R 38.
Glanz (2016): Alles eine Frage der Einstellung. Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Dummerstorf, Mecklenburg-Vorpommern, Institut für Tierproduktion.
Innovationsteam Milch Hessen (2016): Anhnag Stallgefluester Nr. 74, Oktober 2016, nach „The Dairy Land Initiative“, School of Veterenary Medicine, Madison.